Freizeitliches Schreiben und Lesen von Kindern im Grundschulalter: Bereichsspezifische Überzeugungen, Geschlecht und Bildungshintergrund als Determinanten

Birnbaum L (2022)


Publication Language: German

Publication Type: Thesis

Publication year: 2022

URI: https://opus4.kobv.de/opus4-fau/frontdoor/index/index/docId/19890

Abstract

Schreiben und Lesen sind elementare Kulturtechniken, welche Kinder während der Grundschulzeit nicht nur erwerben, sondern auch im Freizeitkontext nutzen. Sie eröffnen den Zugang zu kultureller Teilhabe und können als integraler Bestandteil kultureller Bildung betrachtet werden. Die vorliegende Arbeit geht auf Basis der vier ihr zugrundeliegenden Zeitschriftenartikel der Frage nach, welche Determinanten freizeitliches Schreiben und Lesen von Kindern im Grundschulalter erklären. Um den aktuellen empirischen Forschungsstand zu Determinanten und Kriterien freizeitlichen Schreibens und Lesens von Kindern im Grundschulalter aufzuarbeiten, wurde ein Scoping Review durchgeführt (Birnbaum & Kröner, 2022): Von 982 in Scopus aufgefundenen Originalarbeiten entsprachen n = 62 den Einschlusskriterien. Die meisten dieser Publikationen fokussierten auf das Lesen (n = 58) und nur wenige Arbeiten (n = 4) bezogen sich auch oder ausschließlich auf das Schreiben. Am häufigsten wurden Zusammenhänge von freizeitlichem Schreiben oder Lesen mit bereichsspezifischen Variablen berichtet. Die vorliegende Evidenz bezog sich überwiegend auf korrelative Befunde. Darüber hinaus zeigte sich, dass die meisten Arbeiten nur ausgewählte Determinanten einbezogen, nicht aber eine große Bandbreite. Im Rahmen des Scoping Reviews wurde als Forschungsdesiderat sichtbar, dass eine umfassende empirische Untersuchung einer großen Bandbreite an Determinanten freizeitlichen Lesens und insbesondere Schreibens noch aussteht. Hierauf beziehen sich die drei im Folgenden dargestellten, eigenen empirischen Originalarbeiten. Als theoretisches Rahmenmodell wurde das Person-Umwelt-Transaktionsmodell verwendet, in welchem das Ausmaß kultureller Aktivitäten auf darauf bezogene bereichsspezifische Überzeugungen zurückgeführt wird (untergliedert in den intrinsischen Wert sowie weitere, diesem vorauslaufende verhaltensbezogene, normative und Kontrollüberzeugungen). Die bereichsspezifischen Variablen werden wiederum durch bereichsübergreifende Variablen (wie Geschlecht und Bildungshintergrund) erklärt (Kröner, 2013). Darauf basierend wurde in den ersten beiden Beiträgen die Frage untersucht, welche bereichsspezifischen Überzeugungen Kinder gegenüber freizeitlichen Schreibaktivitäten aufweisen und welche Relevanz bereichsübergreifenden Determinanten zukommt. Letzteres wurde exemplarisch anhand des Geschlechts der Kinder und anhand des Bildungshintergrundes der Mutter untersucht. Im ersten Zeitschriftenartikel wurden im Rahmen von Vorstudien Skalen zu den freizeitlichen Schreibaktivitäten, zum intrinsischen Wert und zu weiteren Überzeugungen entwickelt (Birnbaum et al., 2019). Im zweiten Zeitschriftenartikel wurden die entwickelten Skalen bei einer größeren Stichprobe eingesetzt. Es bestand die Erwartung, dass die vorauslaufenden Überzeugungen zu den Schreibaktivitäten deren intrinsischen Wert erklären, welcher wiederum Varianz in den freizeitlichen Schreibaktivitäten der Kinder aufklären sollte. Außerdem sollten der intrinsische Wert und die weiteren Überzeugungen die Effekte von Geschlecht und Bildungshintergrund der Mutter auf das freizeitliche Schreiben vermitteln. Die Analysen erfolgten mittels Mehrgruppen-Strukturgleichungsmodellen, welche die aufgestellten Hypothesen weitgehend bestätigen konnten: Alle Überzeugungen trugen zur Erklärung freizeitlichen Schreibens bei. Es deuteten sich keine oder allenfalls geringe Effekte des Bildungshintergrunds der Mutter auf die Überzeugungen an. Jedoch zeigte sich, dass Mädchen in ihrer Freizeit mehr und häufiger schreiben als Jungen (Birnbaum, Schüller & Kröner, 2020). Die Geschlechtsunterschiede im freizeitlichen Schreiben konnten vollständig durch die Mittelwertsunterschiede im intrinsischen Wert erklärt werden. In der dritten eigenen empirischen Studie wurden – analog zu den Studien zum freizeitlichen Schreiben – sowohl Analysen zu Effekten einer großen Bandbreite bereichsspezifischer Determinanten als auch zur Relevanz von Geschlecht und Bildungshintergrund der Mutter für freizeitliches Lesen vorgenommen (Schüller et al., 2017). Bei den bereichsspezifischen Determinanten für freizeitliches Lesen zeigte sich die gleiche Faktorenstruktur wie für freizeitliches Schreiben. Durch ein Mehrgruppen-Strukturgleichungsmodell mit dem intrinsischen Wert als Mediator, das analog zu dem Modell zum freizeitlichen Schreiben gebildet wurde, konnte substanzielle Varianz im Ausmaß des freizeitlichen Lesens aufgeklärt werden. Wie in Bezug auf freizeitliches Schreiben waren auch für freizeitliches Lesen die Effekte der bereichsspezifischen Überzeugungen weitaus stärker als die der bereichsübergreifenden Variablen. Ebenso lagen keine oder allenfalls geringe Effekte des Bildungshintergrunds der Mutter vor und es konnten höhere Mittelwerte für Mädchen als für Jungen in allen Skalen nachgewiesen werden. Es gab jedoch auch einen Unterschied zwischen freizeitlichem Lesen und Schreiben: Die Geschlechtsunterschiede im freizeitlichen Lesen konnten – im Vergleich zum freizeitlichen Schreiben – nicht vollständig durch die Mittelwertsunterschiede im intrinsischen Wert erklärt werden. Insgesamt zeigten die empirischen Studien, dass es wichtig es ist, eine große Bandbreite bereichsspezifischer Überzeugungen zu berücksichtigen und dass diese Überzeugungen die Effekte von bereichsübergreifenden Variablen wie Geschlecht und Bildungshintergrund auf freizeitliches Schreiben und Lesen weitgehend vermitteln. Dies spricht sowohl für die entwickelten Überzeugungsskalen als auch für die Eignung des verwendeten Person-Umwelt-Transaktionsmodells als theoretisches Rahmenmodell der empirischen Untersuchungen. Die Wahl des theoretischen Rahmenmodells wird reflektiert. Die zentralen Befunde und die gewählte methodische Vorgehensweise werden diskutiert. Des Weiteren werden Desiderate für die weitere Forschung erschlossen. Abschließend werden zwei Ideen für die weitere Forschung erläutert, die aufbauend auf die vorliegende Arbeit freizeitliches Schreiben und Lesen von Grundschulkindern unter Berücksichtigung des digitalen Wandels und des Empowerments in den Blick nehmen.

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APA:

Birnbaum, L. (2022). Freizeitliches Schreiben und Lesen von Kindern im Grundschulalter: Bereichsspezifische Überzeugungen, Geschlecht und Bildungshintergrund als Determinanten (Dissertation).

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Birnbaum, Lisa. Freizeitliches Schreiben und Lesen von Kindern im Grundschulalter: Bereichsspezifische Überzeugungen, Geschlecht und Bildungshintergrund als Determinanten. Dissertation, 2022.

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