Ex Machina - Die Problemzone als filmischer Laborraum

Singer T (2017)


Publication Language: German

Publication Type: Book chapter / Article in edited volumes

Publication year: 2017

Publisher: Schüren

Edited Volumes: Problemzone

City/Town: Marburg

Pages Range: 10-24

ISBN: 9783894726133

Abstract

In Alex Garlands Science-Fiction-Film Ex Machina (UK 2015) begegnet uns mit der Filmfigur Ava ein Androide, dessen Körperform, Gesicht, Hände und Füße nicht von einer echten menschlichen Frau zu unterscheiden sind, dessen restlichen Körperpartien jedoch offensichtlich artifiziell sind. Natürlichkeit und Künstlichkeit besetzen ein und denselben Leib und bilden so eine scheinbar widersprüchliche Einheit. Ava versucht, das Künstliche zu verhüllen, zunächst mit Kleidung und schließlich mit Hautprothesen, um die Widersprüchlichkeit zumindest äußerlich für alle menschlichen und ihre eigenen Augen zu tilgen. Was jene Körperpartien, dadurch dass sie sich nicht mit einem Idealbild decken, zu Problemzonen in einem sehr zeitgenössisch-körperbetonten Sinne macht.

Die artifiziellen Körperregionen Avas sind jedoch nicht nur als Indikatoren für einen zu behebenden Mangel und somit im Lacan‘schen Sinne Ausgangspunkt für die Identitätsbildung der Figur. Auch im Produktionskontext und daher außerhalb der Diegese waren sie Problemzonen, die sich zwischen der konzeptionellen Idealvorstellung der Filmemacher und der Realität des technisch Machbaren bewegt haben. Die Arbeitsprozesse, die zur Lösung der zu bewältigenden Aufgabe führen und dadurch zugleich die intradiegetischen Problemzonen erzeugen sollten, werfen die Frage auf, inwiefern sie als äquivalent zu wissenschaftlichen Experimenten betrachtet werden können. Diesen Gedanken möchte ich weiterverfolgen und die filmisch erzeugte Figur Ava als epistemisches Ding im wissenschaftstheoretischen Sinne Hans-Jörg Rheinbergers bezeichnen. Demnach ist sie dasjenige, was es vermittels technischer Dinge, als welche etwa die Kamera und Computerprogramme anzusehen sind, innerhalb eines Experimentalsystems hervorzubringen galt. Dabei wird sich zeigen, dass die hierzu notwendigen experimentellen Aktivitäten unweigerlich mit einer Verschränkung von aktuellen und virtuellen Räumen verknüpft waren. Was sich mitunter am steten Oszillieren zwischen digitalen Konzeptzeichnungen und dem Bau materieller Modelle, dem Körper der Schauspielerin Alicia Vikander und der Nachbildung ihres Körpers als digitales 3D-Modell, ihrer leiblichen Performance und der Übertragung derselben auf die zu integrierenden Körperteile des digitalen Modells erkennen lässt.

Entsprechend möchte ich in meinem Beitrag am Beispiel der Erschaffung Avas demonstrieren, inwiefern sich die Problemzone im Kontext einer Filmproduktion zwischen Körper, topographischen Orten und topologischen Räumen aufspannt. Einerseits wird die Problemzone dabei auf eine ursprünglichere und allgemeinere regional-räumliche Bedeutungsebene zurückgeworfen, indem sie sich durch die experimentellen Aktivitäten der Filmemacher in einen laboratorischen Raum verwandelt; andererseits sind es letztlich die Spuren dieser Arbeitsprozesse, die sich zu einem Resultat verdichten und in Gestalt der Figur Ava als scheinbar materieller Körper audiovisuell wahrnehmbar werden.

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How to cite

APA:

Singer, T. (2017). Ex Machina - Die Problemzone als filmischer Laborraum. In Arbeitsgemeinschaft CINEMA (Hrg.), Problemzone. (S. 10-24). Marburg: Schüren.

MLA:

Singer, Thorsten. "Ex Machina - Die Problemzone als filmischer Laborraum." Problemzone. Hrg. Arbeitsgemeinschaft CINEMA, Marburg: Schüren, 2017. 10-24.

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