Internally funded project
Start date : 01.12.2017
Bearbeitung des Nachlasses der
promovierten Biologielehrerin Elisabeth Ewald an der Marie-Therese-Schule (MTG) in Erlangen; die persönliche
Entwicklung einer ambitionierten, pädagogisch sehr engagierten Akademikerin in
der Weimarer Republik bis in die Zeit des NS; als „traditionelle Persönlichkeit“
(Selbstbezeichnung) erlebt sie die NS-Diktatur als distanzierte, dennoch
nationalistisch eingestellte Lehrkraft. In der
Nachkriegszeit wurde Ewald, weil unbelastet, zur Schulleiterin des MTG befördert,
unter ihrer Leitung erfolgten der Ausbau und die Modernisierung des Gebäudes.
Zudem ist sie Autorin von zwei Biologielehrbüchern, die aus bekannten Gründen
in der Nachkriegszeit neu verfasst werden mussten;
Schwester von Anna Pirson, erste Bürgermeisterin von Erlangen, und des Neurologen und Psychiaters Gottfried Ewalds, der gegen die Euthanasiemorde im Rahmen der T4-Aktion Position bezog. Auch Elisabeth Ewald nahm als Biologielehrerin in einem ihrer
Artikel (kritisch) Stellung zu Rassenlehre und Erbbiologie, allerdings ohne Eugenik und Rassehygiene grundlegend in Frage zu stellen.
Darüberhinaus untersuche ich das Selbstverständnis der in Erlangen vorwiegend protestantisch geprägten und noch
zölibatär lebenden Lehrerinnengeneration. Weitere Kolleginnen wie die
Volksschullehrerin Martha Griesbach, die an der Marie-Therese-Schule die
unteren Jahrgangsstufen unterrichtete und mit der Ewald ein sehr enges
Freundschafts-, evtl. vorübergehend auch ein Liebesband einte. Griesbach
hinterließ sehr aufschlussreiche Erinnerungen aus ihrer beruflichen Anfangszeit
noch 1917 und darüber hinaus als Volksschullehrerin auf dem Erlanger Land und
in der Stadt selbst, die ein sehr anschauliches Bild des Lehrerinnendaseins,
den pädagogischen Ansichten der Zeit und den Status von Lehrerinnen in der
Weimarer Republik - vor allem auf dem Land - bilden.
Außerdem stieß ich auf einen Konflikt, den eine andere Lehrerin des MTG,
Fräulein Troll, mit einem nationalsozialistischen Vater auszutragen hatte.
Geschützt vor weitergehenden Konsequenzen war diese Lehrerin lediglich, weil
bis 1935 noch Dr. Blos als liberal gesinnter Schulleiter seine Hand über sie
hielt. Sie war noch in der Weimarer Republik gegen die Stimmen des
nationalsozialistischen Stadtrats eingestellt worden.
Anfang 1936 gab es einen schulpolitischen Bruch und Dr. Blos legte, angeblich
freiwillig, seine Leitungsposition nieder. Ein Nationalsozialist wurde in der
Folge Direktor. Zeitgleich wurde auch die der Marie-Therese-Schule
angegliederte Lehrerinnenbildungsanstalt aufgelöst und ähnlich wie in anderen
Städten in eine "Deutsche Aufbauschule“ umgewandelt. Es folgte eine enge Anbindung an die nationalsozialistische Stadtspitze und an die NS-Ideologie, die den Schulalltag der Mädchen durchdrang. Die Auswirkungen des nationalsozialistischen Mädchen- und Frauenbildes auf den Alltag der Schülerinnen wird hier auf mikrohistorischer Ebene herausgearbeitet.
Eine
Lehrerin wurde aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit von der amerikanischen Militärregierung entlassen worden.
Weitere Themen des Forschungsvorhabens sind das Ende des Ersten
Weltkrieges, der Einsatz von Frauen an der kurzen Zeit der Räterepublik auch in Erlangen, ihre Motivationen und Hintergründe, und die weibliche
Beteiligung an der ersten Stadtratswahl; des weiteren die gescheiterte politische
Karriere der Lehrerin Elise Späth 1924 bei der Landtagswahl sowie die bereits
zahlreichen Attacken der Nationalsozialisten gegen politisch aktive Frauen in der Weimarer Republik.
Eine Veröffentlichung im Rahmen eines größeren Forschungsprojektes des Stadtarchivs Erlangen ist für 2020/21 geplant.
Ausgangspunkt meiner Arbeit ist der Nachlass der Lehrerin Elisabeth Ewald. Das Forschungsvorhaben erstreckt sich jedoch auch auf weitere exemplarische Personenkreise und auf die Untersuchtung weiblicher Handlungsspielräume vom Ende des Ersten Weltkriegs über die Novemberrevolution 1918/19 bis zum Ende der NS-Diktatur.